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Karl Höller

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Karl Höller (* 25. Juli 1907 in Bamberg; † 14. April 1987 in Hausham) war ein deutscher Komponist, Dirigent, Organist und Hochschullehrer.
Karl Höller entstammte einer traditionsreichen Kantorenfamilie. Sein Vater Valentin Höller (1873–1932) wirkte als Dom-Organist, Königlicher Musikdirektor und Komponist in Bamberg. Auch dessen Vater Georg Höller (1838–1901), ein Sohn des Organisten Peter Höller, war ein komponierender Kirchenmusiker gewesen; und Karl Höllers Großvater mütterlicherseits, Michael Drausnick (1853–1924), hatte als Dirigent des Bamberger Domchors gewirkt. Zudem waren vier Tanten Karl Höllers ausgebildete Organistinnen. Eine von ihnen, die in Würzburg ansässige Komponistin Gretchen Höller (1871–1937), war die erste und einzige Frau im Deutschen Reich, die das Domorganistenamt ausübte.
Im Alter von sechs Jahren wurde Karl Höller Chorknabe des Bamberger Doms und erhielt Klavier- und Orgelunterricht. Bereits als Achtjähriger konnte er seinen Vater an der Orgel vertreten; auch begann er zu dieser Zeit mit dem Komponieren. Als Schüler des humanistischen Gymnasiums erlernte er nebenher das Cellospiel. Nach dem Abitur 1926 ging er nach Würzburg, wo er am Staatskonservatorium bei dessen Direktor Hermann Zilcher Komposition studierte sowie Orgel bei Hanns Schindler. Daneben besuchte er musikwissenschaftliche und kunstgeschichtliche Vorlesungen an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Während seines Studiums wurde er Mitglied der AMV zu Würzburg.
1927 übersiedelte Karl Höller nach München, um bei dem Reger-Schüler und Mitbegründer der Donaueschinger Musiktage, Joseph Haas, Komposition und Musiktheorie an der Akademie der Tonkunst zu studieren. Parallel dazu ließ er sich am selben Institut bei Emmanuel Gatscher zum professionellen Organisten und bei Siegmund von Hausegger zum Dirigenten ausbilden. Nachdem er 1929 die Reifeprüfungen für Komposition und Orgel mit Auszeichnung bestanden hatte, studierte er als Meisterschüler noch bis 1933 weiter bei Haas, Hausegger und Gatscher. Beim Eintritt in Haas’ Meisterklasse für Komposition verwarf Höller seine zahlreichen bis dahin geschaffenen Werke und komponierte eine Partita für Orgel über den Choral O wie selig seid ihr doch, ihr Frommen, die er nunmehr als sein Opus 1 bezeichnete.
Nachdem Höller 1931 mit dem Felix-Mottl-Preis ausgezeichnet worden war, begann sein Aufstieg zu einem der erfolgreichsten Komponisten seiner Generation. Prominente Dirigenten wie Carl Schuricht und Hermann Abendroth führten sein 1932 komponiertes Orchesterwerk Hymnen auf (4 symphonische Sätze über gregorianische Choralmelodien, op. 18). Unmittelbar nach Abschluss seines Studiums wurde Höller 1933 Dozent für Harmonielehre, Orgel und Korrepetition an der Akademie der Tonkunst in München. 1934/1935 komponierte er seine Symphonische Phantasie (über ein Thema von Frescobaldi, op. 20), die bald nach der Uraufführung 1935 durch das Philharmonische Orchester Essen unter Johannes Schüler zu einem Repertoirestück vieler Orchester avancierte.
Ab 1937 lehrte Höller Komposition, Dirigieren und Orgel an Dr. Hoch’s Konservatorium und ab 1938 an der Staatlichen Hochschule für Musik in Frankfurt am Main. Hier leitete er auch das Hochschulorchester sowie die Abteilung für Katholische Kirchenmusik. Im Juli 1940 erhielt er gemeinsam mit Kurt Hessenberg und Max Trapp von Joseph Goebbels den Nationalpreis für Komposition. 1941 wurde Höller in Frankfurt ausgebombt. Der größte Teil seiner Noten, Manuskripte und Bücher blieb aber unversehrt, da er diese zuvor nach Bamberg evakuiert hatte. Bald nach seinem Beitritt in die NSDAP Anfang 1942 (Mitglieds-Nummer 8.827.661) wurde Höller außerordentlicher Professor. Während Goebbels ihn für grundsätzlich begabt – wenngleich auch gelegentlich lenkungsbedürftig – hielt, lehnte Hitler seine Musik als „atonal“ ab. Auch andere musikalisch erzkonservative Nationalsozialisten witterten bei Höller den Einfluss der ihrer Ansicht nach „entarteten Musik“ Schönbergs. Angesichts dessen mutet Höllers 1942 komponierte Sonatine op. 29 (im selben Jahr beim Leipziger Verlag Leukart verlegt) geradezu tollkühn an, zitiert er doch gleich zu Beginn das bekannte Quartenmotiv aus Schönbergs Kammersinfonie op. 9 (1906). Dennoch wurde der Komponist in der Endphase des Zweiten Weltkriegs (im August 1944) in die von Hitler unterzeichnete Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Komponisten aufgenommen, was ihn vor einem Kriegseinsatz bewahrte. Während der letzten Kriegsjahre konzentrierte sich Höller vorrangig auf die Arbeit an einer großen Symphonie in cis-moll (op. 40, 1942–45), die 1950 vom Hamburgischen Staatsorchester unter Joseph Keilberth aus der Taufe gehoben und vom Rezensenten der Tageszeitung Die Welt als eine Synthese aus „Bruckner und Jazz, Überschwang und Askese“ charakterisiert wurde.
In den ersten fünf Jahren nach Kriegsende war Höller außerordentlich produktiv und schuf viele seiner besten Werke, darunter ein Violinkonzert (op. 47), ein Cellokonzert (op. 50), die Sweelinck-Variationen für großes Orchester (op. 56), mehrere Streichquartette und Violinsonaten, 3 Klaviersonaten (op. 41) und die Ciacona für Orgel (op. 54). 1949 wurde er als Professor an die Musikhochschule in München berufen, wo er auf Empfehlung von Joseph Haas dessen Meisterklasse für Komposition übernahm. 1950 erhielt er den Kunstpreis der Stadt München, 1952 den Musikpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, 1957 den Louis-Spohr-Preis der Stadt Braunschweig, 1959 den Bayerischen Verdienstorden, 1967 das Große Bundesverdienstkreuz und 1974 das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern. 1954 wurde Höller zum Präsidenten der Münchener Musikhochschule gewählt, eine Position, die er bis zu seiner Emeritierung 1972 innehatte.
Darüber hinaus gehörte er dem Aufsichtsrat der GEMA an (seit 1949) und engagierte sich im Präsidium des Deutschen Komponistenverbandes sowie im Vorstand des Münchner Tonkünstlerverbandes. 1954 wurde er Vorstandsmitglied der deutschen Sektion des in Reykjavík gegründeten Internationalen Musikrates der UNESCO. 1960 folgte Höller einer Einladung des Institute of Contemporary Arts in Washington, wo er als Pianist und Organist bei der Aufführung eigener Werke (op. 17, 33, 44, 45) mitwirkte und nach der amerikanischen Erstaufführung seiner Sweelinck-Variationen (durch das National Symphony Orchestra unter Howard Mitchell) von Publikum und Presse gefeiert wurde. Vom 14. bis 28. März 1968 hielt sich Höller als Mitglied einer kleinen Delegation bundesdeutscher Komponisten, der außer ihm noch Siegfried Borris und Jürg Baur angehörten, in der Sowjetunion auf. Höhepunkt dieser Reise war ein Konzert im Moskauer Bolschoi-Theater, wobei der Dirigent Gennadi Roshdestwenski nach der Aufführung von Höllers Sweelinck-Variationen den Komponisten spontan umarmte.
An prominenten Interpreten, die sich für Höllers Musik einsetzten, sind auch noch zu nennen: die Dirigenten Eugen Jochum, Wilhelm Furtwängler, Herbert von Karajan, Ferdinand Leitner und Hermann Bäumer, die Geigerin Alma Moodie, der Cellist Ludwig Hoelscher sowie die Organisten Franz Lehrndorfer und Edgar Krapp. Mit einigen der Genannten – namentlich mit Furtwängler, Hoelscher und Lehrndorfer – war Höller auch privat befreundet. Zu seinen namhaften Freunden gehörten ferner der französische Komponist Henri Dutilleux sowie der belgische Komponist und Organist Flor Peeters. Zu seinen Schülern zählen Reiner Bredemeyer, Walther R. Schuster, Hugo Raithel und Werner Heider. Karl Höller verbrachte seinen Lebensabend mit seiner Frau Heide in Faistenau, einem Ortsteil von Fischbachau. Der 1939 geschlossenen Ehe entstammten eine Tochter und ein Sohn.
Höllers kompositorisches Schaffen umfasst alle Gattungen, mit Ausnahme der Oper. Sein ausgeprägter Personalstil, den er Ende der 20er Jahre entwickelte, verschmilzt Anregungen altmeisterlicher Polyphonie (Palestrina, Sweelinck, Bach), der Spätromantik Bruckners und Regers, des französischen Impressionismus sowie der modernen Musik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (Schönberg, Hindemith, Weill, Jazz etc.). Höllers Musik ist oftmals ähnlich freitonal bzw. erweitert tonal wie diejenige Hindemiths oder Schostakowitschs, jedoch nie atonal. Der Schönbergschen Zwölftontechnik stand er ebenso skeptisch gegenüber wie den diversen Spielarten der Nachkriegsavantgarde.
Höllers Harmonik und Instrumentation ist ausgesprochen farbenreich und seine Melodik gleichermaßen kantabel wie unverbraucht. Auffällig ist auch Höllers kontrapunktisches Können. Wilhelm Zentner lobte etwa seine Fuge für Streichorchester (1949, Bearbeitung des 1. Satzes aus dem Streichquartett Nr. 5, op. 48) als „eine der meisterhaftesten Fugen seit Reger“. Der formale Aufbau von Höllers Werken ist in der Regel leicht nachvollziehbar und klar gegliedert. Sofern er sich nicht an Modelle aus der Alten Musik wie Partita, Passacaglia oder Fuge hält, bevorzugt er klassische Formtypen, namentlich die Sonatenform. Höllers Rhythmik ist in schnellen Sätzen oftmals temperamentvoll und erscheint gelegentlich Jazz-verwandt. In langsamen Passagen zeigt sich der Komponist dagegen meist von seiner kontemplativen und introvertierten Seite. Höller glaubte an den Einfall, räumte also der musikalischen Inspiration eine wichtige Rolle im Schaffensprozess ein. Allerdings betonte er auch, dass „dabei das Intuitive vom Kunstverstand ständig kontrolliert“ wird.
Höller, der ursprünglich von der Orgel her kam, komponierte überwiegend Orchester- und Kammermusik – wohl, weil dies seinen subtilen „musikalischen Farbsinn“ am stärksten befriedigte. Etliche seiner Orchesterwerke sind nachträglich orchestrierte Kammermusik- oder Klavierwerke. In seiner Instrumentation neigt er gelegentlich zu impressionistischem Kolorit, etwa durch Verwendung von Harfe oder Celesta. Die ausführenden Musiker und das Publikum waren Höller erklärtermaßen wichtig, ebenso wie Schönheit und Harmonie in der Musik.
Die Veröffentlichung der ersten Höller-Monographie erfolgte 2007, jene eines umfassenden Werkquerschnitts auf 8 CDs in den Jahren 2005 bis 2007.
Verlage: Schott (S), Peters (P), Bärenreiter (B), Sikorski (Sik), Breitkopf & Härtel (B&H), Süddeutscher Musikverlag (SMV, seit 1988 Auslieferung über Bärenreiter), Leukart (L), Coppenrath (C), Böhm & Sohn (Böhm)
Sämtliche autographe Manuskripte befinden sich in der Bayerischen Staatsbibliothek München