Komponisten

Reinhard Keiser

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Reinhard Keiser (getauft 12. Januar/ 22. Januar 1674 in Teuchern; † 12. September 1739 in Hamburg) war ein deutscher Komponist und Opernproduzent.
Reinhard Keiser war der Sohn von Gottfried Keiser und dessen Ehefrau Agnes Dorothee Keiser, geb. von Etzdorff, Tochter eines verarmten Junkers. Gottfried Keiser war seit 1671 als Organist in Teuchern tätig; er verließ zwischen 1674 und 1675 seine Wirkungsstätte mit unbekanntem Ziel, so dass der Sohn vermutlich allein bei seiner Mutter aufwuchs. Am 13. Juli 1685 trat Reinhard Keiser in die von Johann Schelle geleitete Thomasschule zu Leipzig ein, wo er eine gründliche musikalische Ausbildung erhielt. 1693 brachte Keiser in Braunschweig am neuen Opernhaus am Hagenmarkt seine (vermutlich) erste Oper Basilius in Arkadien zur Aufführung und wurde im Jahr darauf als Nachfolger von Johann Sigismund Kusser zum Cammer-Componisten ernannt.
1697 siedelte er nach Hamburg über und stellte sich am dortigen Opernhaus am Gänsemarkt mit den Opern Mahumet II. und Der geliebte Adonis vor. Für dieses Haus, das er von 1703 bis 1707 gemeinsam mit dem Dramaturgen Drüsicke leitete, komponierte Keiser den Großteil seiner Bühnenwerke. In den Jahren 1700 und 1701 war er außerdem als Kapellmeister der Winterkonzerte tätig, die der kaiserliche Rat von Eckgh veranstaltete. Von Herzog Friedrich Wilhelm zu Mecklenburg erhielt er den Titel eines herzoglichen Kapellmeisters.
Johann Mattheson zufolge soll Keiser sich in der Öffentlichkeit „mehr als ein Cavallier, denn als Musicus“ betragen haben. Besonders im 19. Jahrhundert haben verschiedene musikalische Chronisten (z. B. der Händelforscher Friedrich Chrysander) allerlei fragwürdige Anekdoten über Keisers Leben kolportiert, möglicherweise weil außer den Uraufführungsterminen seiner Opern nur wenige zuverlässige biografische Daten vorliegen. Diverse Gerüchte über Keisers ausschweifenden Lebenswandel und eine angebliche Flucht vor dem drohenden Schuldengefängnis nach Weißenfels haben sich bei neueren Quellenforschungen als haltlos erwiesen.
Am 3. Januar 1712 heiratete er die bekannte Sängerin Barbara Oldenburg, Tochter des Ratsmusikers Hieronymus Oldenburg. Bald nach Ende der Direktion seines Nachfolgers J. H. Sauerbrey verließ Keiser Hamburg. Von Sommer 1719 bis November 1720 ist er in Stuttgart nachweisbar, wo er bei zahlreichen musikalischen Veranstaltungen mitwirkte, aber keine Anstellung finden konnte, da man am württembergischen Hof italienische Musiker bevorzugte.
Im August 1721 kehrte Keiser nach Hamburg zurück, wandte sich aber bereits Ende dieses Jahres nach Kopenhagen, wo er schon 1704 vergeblich um seine Erhebung in den Adelsstand nachgesucht hatte. Diesmal erhielt er die Ernennung zum königlich-dänischen Kapellmeister und brachte in Kopenhagen die Oper Ulysses zur Aufführung. Nach mehreren Besuchen in Hamburg ließ er sich 1723 endgültig dort nieder und schrieb weiterhin Opern für das Haus am Gänsemarkt, dessen Spielplan er gemeinsam mit dem neuen Direktor Georg Philipp Telemann beherrschte. 1728 wurde er schließlich Kantor am Hamburger Dom und widmete sich für den Rest seines Lebens überwiegend der Kirchenmusik.
Nach seinem Ableben erschien der folgende poetische Nachruf Telemanns:
Sonett auf das Absterben des berühmten Capellmeisters Keiser Ihr, die in Deutschlands Raum die Tonkunst Kinder nennet, lasst Keisers Untergang nicht fühllos aus der Acht! Er hat um euren Ruhm sich sehr verdient gemacht, und manchen Ehrenkranz den Welschen abgerennet. Da seine Jugend noch in erster Glut gebrennet, wie reich, wie neu, wie schön, wie ganz hat er gedacht! Wie hat er den Gesang zum vollen Schmuck gebracht, den dazumal die Welt noch ungestalt gekennet! Zu diesem zog ihn bloß ein angeborner Trieb, durch den er, ohne Zwang der Schulgesetze, schrieb; durch den wir mehr von ihm, als hundert Werke, lesen. Wir ehren dein Verdienst, du Züchtling der Natur, der, suchtest du gleich nicht der Kunst verdeckte Spur, dennoch der größte Geist zu seiner Zeit gewesen.
In seinem nicht mehr im Originalzustand erhaltenen Geburtshaus Markt 9 in Teuchern befand sich eine Reinhard-Keiser-Gedenkstätte mit einer ständigen Ausstellung über seine Lebensstationen. Diese zog im März 2012 in das „Haus der Vereine“ in der Straße des Friedens 30 um.
Reinhard Keiser gilt als einer der bedeutendsten deutschen Opernkomponisten des Barocks. Während seines Wirkens wurde die Hansestadt zum Zentrum der frühen deutschen Opernkultur und Anziehungspunkt für zahlreiche kunstsinnige Besucher. Neben der Pflege der heimischen Musiktradition beobachtete man aufmerksam die Entwicklungen der Oper in Italien und Frankreich, um den Anschluss an die aktuellen Strömungen nicht zu versäumen. Die Librettisten der Hamburger Oper, unter denen sich Christian Heinrich Postel, Lukas von Bostel und Johann Ulrich von König besonders hervortaten, nahmen als Vorlage gerne erfolgreiche italienische Libretti, bei deren Übersetzung und Bearbeitung sie oft einige der Arienverse im originalen italienischen Wortlaut beließen. Im Munde komischer Dienerfiguren finden sich sogar plattdeutsche Lieder.
Gelegentlich werden in die mythologischen und historischen Handlungen auch Anspielungen auf Hamburger Tagesereignisse eingestreut. Zuweilen entnahm man die Stoffe auch der lokalen Geschichte, wie in der 1701 in zwei Teilen aufgeführten Oper Störtebecker und Jödge Michaels, deren Partitur verschollen ist. Bei der szenischen Darstellung pflegte man einen mitunter drastischen Realismus, der sich von dem durch höfisches Zeremoniell geregelten Aufführungsstil der italienischen und französischen Oper deutlich unterschied. Der Überlieferung nach soll in der Hinrichtungsszene des Störtebecker echtes Blut geflossen sein: Kälberblut aus Schweinsblasen, welche die Darsteller der Vitalienbrüder unter ihren Kostümen trugen.
Seinen polyglotten Texten entsprach Keiser bei der Vertonung mit einer musikalischen Sprache, die fremde Einflüsse mit der heimischen Überlieferung verband und eigenständig weiterentwickelte. Italienische Einflüsse zeigen sich besonders in der Gestaltung der Gesangspartien, in denen Keiser eine blühende melodische Phantasie beweist. Die Palette der Ausdrucksformen reicht vom gesanglich veredelten Gassenhauer bis zur virtuosen Bravourarie mit langen und komplexen Koloraturen, die von Laiensängern, wie sie in der Frühzeit der Hamburger Oper auftraten, kaum mehr zu bewältigen waren. Französisch inspiriert ist die Aufnahme von Chor- und Ballettszenen und die raffinierte Instrumentationskunst mit zahlreichen innovativen Klangerfindungen, z. B. fünf Fagotte in der Begleitung einer Arie aus Octavia oder das neuerfundene Chalumeau, ein Vorläufer der Klarinette, in Verbindung mit gedämpften Streichern in Croesus. In Opern wie Croesus, Die großmütige Tomyris oder der besonders erfolgreichen Fredegunda finden sich kaum zwei aufeinanderfolgende Musikstücke mit identischer Besetzung.
Johann Mattheson hat in seiner 1740 erschienenen Grundlage einer Ehrenpforte, einer Sammlung von Biografien berühmter Musiker, seine Einschätzung von Keisers Bedeutung kurz und bündig zusammengefasst: Seiner Meinung nach war Keiser „der größeste Opern-Componist von der Welt“.
Keiser wurden früher zwei Oratorien zugeschrieben. Die Markus-Passion passt jedoch nicht in Keisers Schaffen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Keiser der Komponist ist, aber „es fehlt an einem Nachweis, daß er mit dieser liturgischen Art der Passionsmusik im ersten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts zu tun hatte.“ Das gedruckte Libretto der Markus-Passion ist hinsichtlich der Autorschaft mehrdeutig und lässt offen, ob der Hamburger Dommusikdirektor Friedrich Nicolaus Bruhns 1707 lediglich eine Aufführung leitete oder aber als Komponist genannt wird.
Die Uraufführung fand jeweils, soweit nicht anders angegeben, in der Oper am Gänsemarkt, Hamburg statt.